Montag, 26. März 2012
Eine weitere tolle Sache an Kindern ist, dass sie einem tagtäglich die Produktivität der deutschen Sprache vorführen. Und zwar so, dass es eine wahre Lust und Ohrenweide ist. Denn Kinder gehen viel spielerischer und kreativer mit Wörtern und Wortbildungen um als wir, weil sie eben nicht immer auch die Duden-Schere im Kopf haben, die sagt: Gibt’s nicht, geht nicht.
Geht eben doch. Wenn ein Kind auf dem Bauch das Babybecken durchmisst, heißt das „seerobben“. Und wenn unser Kinderarzt Müller hieße, dann würde unser Sohnemann zu ihm gehen, um sich müllern zu lassen, was in diesem Fall „untersuchen lassen“ meint und ganz bestimmt mit „herumdoktern“ verwandt ist. Der Aua-Tag ist schlicht der Tag, an dem sich alle wehtun. Und wenn beim Kontrollblick ins Kinderzimmer wieder einmal das kreative Chaos herrscht, bemerkt die Tochter trocken: „Wir haben das nicht ungeordnet.“
Atemberaubend ist die Ohrenzeugenschaft, wenn ein Zweijähriger mit neu gelernten Sprachbrocken jongliert. Wenn er zunächst die Wortbestandteile vertauscht, weil sie ihm leichter durch die Kehle und über die Lippen gehen. Wenn er Saugstauber sagt, Budelloch und Buftallon – und wir Eltern trotzdem genau wissen, was gemeint ist. Weniger spannend finden die Erziehungsverpflichteten es, hinter die Bedeutung so geheimnisvoller Wörter zu kommen wie Kakaowurst oder Raschelbums. Während das Margarinenmassaker wir Großen erfunden haben, es aber auf die Kinder zurückgeht.
Kompliziert wird es für Eltern, wenn die lieben Kleinen auch mit der Logik so kreativ umgehen wie mit Wort- und Satzbildung. Denn dann läuft man Gefahr erpresst zu werden: „Wenn ich heute keine zwei Eiskugeln bekomme, esse ich gar kein Eis!“

(Heute erschienen im Bonner General-Anzeiger.)
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