Dienstag, 16. Dezember 2008
Ein Nachbarsjunge in der Altstadt hat sich einen pfiffigen Weihnachts-Countdown an die Wohnungstür gehängt. Dort zählt er Tag für Tag runter: „Noch x Tage bis Weihnachten“. Was natürlich die Frage aufwirft, ob Adventskalender der gewöhnlichen Art von eins bis 24 noch zeitgemäß sind.
Seit der ersten Mondlandung wissen wir, dass die Aufstellung eines Countdowns immer auch der künstlichen Spannungserzeugung dient. Das hängt natürlich damit zusammen, dass die Dinge in der Erwartung oder Vorstellung immer größer sind als in der Realität.
Und es gibt so viele Ereignisse, auf die man warten kann – nicht nur aufs Christkind. Zum Beispiel auf den nächsten Weltspartag, die Fußball-WM 2010, den nächsten Harry-Potter-Film, das Ende der Ära Bush oder die nächste Abfuhr der grauen Tonnen.
Raufzählen ist nicht so spannend und viel seltener, zum Beispiel in Hannoveraner Fußballfankurven: „92, 93, 94, 95 – 96!!!“ oder nach Kantersiegen: „Wir haben eins, wir haben zwei, wir haben drei, wir haben vier zu null gewonnen!“
Ein Nachteil des Countdowns ist, dass man nur auf berechenbare Ereignisse herunterzählen kann, etwa die Haft- oder Schulentlassung. Mit unvorhersehbaren Ereignissen wie der Klimakatastrophe oder dem damit verbundenen Untergang der Menschheit geht das nicht.
Aber auch der Advent vom ersten bis zum vierten Kerzchen und vom ersten bis zum 24. Türchen ist ein Gewinn, wenn man den Weg als Ziel begreift. Runterzählen dagegen ist eher zielorientiert – macht aber eindeutig mehr Spaß.
Sascha Stienen
(Dieser Beitrag ist am 23. Dezember 2008 im General-Anzeiger Bonn erschienen.)
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