Mittwoch, 3. Juli 2013
Entzieht den Wissenschaftlern, Bürokraten und übrigen Experten dieser Gelehrten-Republik die Definitions-Hoheit und gebt sie den Kindern. Denn sie allein sind die größten Namenfinder. Famos, was für Begriffe sich die lieben Kleinen ausdenken und wie sie mit der Wunderwaffe Sprache die Dinge erklären, um sich die Welt zu erschließen.
Das beginnt auf der Straße. Da wird aus dem Oldtimer dank der Erklärung des Papas schnell ein „Früher-Auto“. Und die Männer, die immer unsern Müll abholen, kommen nicht mit dem Müllauto, sondern mit der „Saubermaschine“.
Im Mai haben wir Eltern gelernt: Wenn ein Feiertag kommt, dann geht die Woche nicht richtig zu Ende, weil ja schon der Donnerstag ein Sonntag ist. Und die Definition einer Fruchtfliege ist ebenso kinderleicht: „Am Anfang des Sommers hast du eine und am Ende des Sommers Tausende!“
Gut, dass die WM erst im nächsten Jahr ist. Bis dahin kann der Sohnemann noch einige Regel-Änderungen durchdrücken: Der Strafraum wird künftig von der „Handlinie“ begrenzt, der Seitenwechsel heißt „Toretauschen“ und das Eigentor „Meintor“. Und wenn zwei zum Kopfball hochsteigen und in der Luft zusammenstoßen, ist das ein „Donnerkopf“, und es gibt Schiedsrichterball.
Schöner als der Kindermund kann auch niemand die Bedeutung des Wortes „berühmt“ erklären: „Wir kennen den Joachim. Aber der Joachim kennt uns nicht.“ So einfach ist das. Und auch so was Abstraktes wie das „Denken“ lässt sich kinderleicht definieren. So flüsterte jüngst die Tochter: „Papa, kannst du auch im Kopf reden?“ Sascha Stienen

(Erschienen am 2. Juli 2013 im Bonner General-Anzeiger.)
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