Freitag, 10. Juli 2009
Es ist Medienkrise, und Redakteure müssen gehen. Die Medienfachmagazine berichten bundesweit von neuen Stellenkürzungen. Grund genug, an dieser Stelle ein sozialkritisches Gedicht unseres hochgeschätzten Hausdichters Karl Kamel zu veröffentlichen. (Qualitätsmerkmale: die Titanic wollte es als satirisches Gedicht nicht haben, und beim Jokers-Lyrik-Wettbewerb landete es auch nicht auf dem Treppchen.)

Fragen eines demnächst arbeitslosen Redakteurs
(Tribute to Bertolt Brecht)

Wer baute die WAZ-Gruppe auf zu dem Konzern, der er heute ist?
In den Büchern stehen die Namen von Geschäftsführern.
Haben die Geschäftsführer die Pressevielfalt gefördert?
Haben sie neue Zeitungen im Osten etabliert?
Haben sie die Nähe zum Leser gepflegt in den kleinen Lokalredaktionen des Sauerlandes?
Und die Deutsche Presseagentur?
Wer hat sie gegründet und zu welchem Zweck?

Wie soll Qualitätsjournalismus weiterhin möglich sein,
wenn man 275 Redakteuren kündigt,
wenn der Chefredakteur gleichzeitig Geschäftsführer ist,
wenn man den dpa-Basisdienst kündigt,
wenn künftig noch mehr Arbeit auf noch weniger Schultern lastet?
Wäre das nicht so, als würde ich mir einen gesunden Arm abtrennen,
in der Hoffnung, danach besser Gitarre spielen zu können?

König Burda, WAZ-Fürsten, Herzoge von Gruner und Jahr!
Warum schränkt Ihr Verleger-Herrscher Eure journalistischen Kapazitäten ein
und riskiert damit, Anzeigenkunden zu verprellen, so dass die Werbeeinnahmen weiter schrumpfen?
Wer von Euch klagt als Erster „Markt, gib mir meine Redaktionen zurück“, wenn es längst zu spät ist?

In allen Medienstädten ein großer Mann.
Wer bezahlt die Spesen?

So viele Berichte.
So viele Fragen.
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